Rotgeld-Rassler

Ziggi-Zombi, Coca-Curtis
Viele Namen für den einen
Rotgeld-Rassler an der Ecke
Dunkelgelb die Zähne scheinen

Ziggi fischt zu jeder Schicht
Mit Decke, Hut und klarem Korn
Aus großem Teich den kleinen Fisch
Er bettelt nicht, ist nie am schnorrn

Das rote Geld in seinem Hut
Ein Fegefeuer, heiße Glut
Verteufelt sei die Sammlerei
Doch niemals raubt man ihm den Mut

Mit großer Sorgfalt abgezählt
Die Münzen, stets nach Wert getrennt
Bei Gauloises die Brust gestählt
Im blauen Dunst, die Lunge brennt

Fleißig, immer fleißig weiter
Bis der Hut zu platzen droht
Drum tränkt er nun die nächste Bank
In rostig-kaltes Edelrot

Am Schalter wird er viel beäugt
Wie ein Schakal auf Beutezug
Das raue Fell leicht angebräunt
Tritt er nach vorn, mit Stolz und Hut

Die Blicke starr, weil er bald hält
Den Beutel voll mit frischem Geld
Der frische Druck, die feine Luft
Das Calvin Klein der neuen Welt

Applaus, Applaus, sie ziehen den Hut
Vor seinem Fleiß und all dem Mut
Man hat nun viel Respekt vor ihm
Nun Wer zu sein, das tut ihm gut

Doch gut ist es noch lange nicht
Das neue Leben, bald erwischt
Er sich bei seiner Gier nach mehr
Der Drang nimmt zu, der Glanz erlischt

Der Straßenduft zeigt wer er ist
Hat seinen alten Platz vermisst
Kauft Decke, Hut und klaren Korn
Schreibt auf sogleich, in roter Schrift

Ziggi-Zombi, Coca-Curtis
Viele Namen für den einen
Rotgeld-Rassler an der Ecke
Dunkelgelb die Zähne scheinen

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Von vorn

Das Gewissen zerrissen
Und trotzdem nicht wissen
Wohin es ihn zieht 
Seinem Kopf gehts beschissen 

Seine Träume geklaut 
Alle Ängste durchschaut
Sie in Whiskey getränkt 
Und in Cola verstaut

So wankelt er hin
Und stolpert er her
Woher er einst kam
Weiß er längst nicht mehr 

Narkotisiert 
Und vom Leben verwirrt
In den Himmel gestarrt
Auf der Erde verirrt 

So schaut er hinauf
Und verliert dort den Blick 
Was um ihn geschiet 
Kriegt er nicht mehr mit

Am morgen erwacht
Die Sonne im Zimmer 
Hat er nun verdrängt
Das Gestern, das Immer 

Als hätte er Nachts
Das Handtuch genommen
Den Sand abgeschüttelt
Und nach all seiner Verwirrung, den Extremen, den Themen, dem Regen und vielen Problemen

– von vorne begonnen-

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[Review] Ducking Punches – Fizzy Brain

Titel : Fizzy Brain
Künstler : Ducking Punches
Label : No Panic! Records
Genre : Folk/Punk
Bewertung : ★ ★ ★ ★ ★ ★ ★ ★ ★ ☆ | 09/10

Ducking Punches sind eine fünfköpfige Folk-Punk-Band aus Norwich im Osten des UK. In Deutschland sind sie bisher eher ein Geheimtipp, den es sich in jedem Fall lohnt auszuchecken. Mir sind sie erstmals über den Weg gelaufen, als Frontman Dan im Frühjahr 2014 den Opener für Frank Turner gab. Für mich musikalisch love at first sight. Das war kurz vor Erscheinen ihres zweiten Albums “Dance before you sleep”. Nun also der Nachfolger “Fizzy Brain” der in nichts nachsteht. Zieht es euch rein!

Das Album

Das Album wurde über Pledge Music finanziert, eine Crowd Funding Plattform, auf der man die Alben der Künstler vorbestellen kann, bevor sie entstanden sind, um die Finanzierung sicherzustellen. Doch nicht nur die Platte kann vorbestellt werden. Im Fall von Ducking Punches gab es einen Haufen exklusiven Merchs zu sichern, unter anderem Instrumente, die bei den Aufnahmen genutzt wurden. Doch nicht nur das. Mit dem überschüssigen gesammelten Geld unterstützt die Band die sozialen Organisationen CALM und PAPYRUS, die Präventionsarbeit für Selbstmorde bei jungen Menschen und Untersützung für psychisch Kranke leisten. Dies liegt der Band besonders am Herzen, da Sänger Dan selbst betroffen ist und schon zwei Freunde an Depression und Selbstmord verloren hat. In der vor kurzem beendeten Kampagne konnten sie über 500 Pfund zusammentragen. Jetzt aber zur Musik!

Die Songs

Fizzy Brain hat 11 Songs mit einer enormen Spannbreite zu bieten. Von der herzzerreißenden Ballade bis zum punkigen Rocksong. Das Themenspektrukum bewegt sich im Bereich Trauer, Verzweiflung, Depression und Tod, aber stets mit einem Funken Hoffnung und Blick nach vorn. Der erste Track “Greedy Bones” beginnt langsam, nur mit Akustikgitarre und steigert sich zum Full-Band-Track. Besondere Schmankerl sind die Gast-Vocals vom wunderbaren Frank Turner und ein Part von Bassistin Sophie, welche uns später auf dem Album im Track “Taking back the living room” erneut davon überzeugt, wie wunderbar ihre Fähigkeiten zu Hauptvocals sind. Es folgt der Titeltrack, der davon handelt sich irgendwie über Wasser zu halten. Hier zeigt Dan erneut die volle Bandbreite seiner Stimme vom klaren Beginn bis zum rauen Höhepunkt, der wie alle Songs des Albums von Emotion nur so strotzt. Dies zeigt sich auch im anschließenden “Drinking outside funerals”. Der Titel spricht für sich und stellt für mich den besten Song des Albums dar.

“…as I get older and older, death becomes less of a fear,

it’s become too familiar…”

Der Eineinhalbminüter “It’s not over yet friends” stellt eine Durchhalteparole dar, bevor “Fun Fun Fun” leicht positivere Töne anstimmt, ohne den bittersüßen Unterton des Albums vermissen zu lassen. Es folgt “JFH”, ein schwer zu verdauender Song über den Selbstmord eines guten Freundes, der auf Akustikgitarre beruht und von einem Chor der zusammenrückenden Freunde abgeschlossen wird.

“You left the party too early this time, my friend,

please come home, please come home…”

Nach dem punkigeren “God Damn Coward”, das von Ängsten, Soziophobie und dem Hintersichlassen der Vergangenheit handelt, folgen vor und nach dem bereits angesprochenen “Taking back the living room” die ruhigeren Tracks “Heathers” und “House Guest”. Als sehr guter letzter Song bringt “Hurts like Hell” den charakteristischen Sound der Band sehr gut zur Geltung.

Der Sound

Trotz oder gerade wegen der vielfältigen Grenresprengungen fällt kein Song aus dem Gesamtgefüge. Das Album ist insgesamt eine runde Sache. Der Einsatz seines Instruments durch Violinist Sergio verleiht den Songs ein besonderes Etwas. Das teils zurückhaltende, teils nach vorne gehende Spiel des Drummers Pete verleiht sehr gute Variation. Der Wechsel zwischen sehr akustischen Songs und Full-Band-Tracks in denen Gitarrist Cal und Bassistin Sophie vollen Einsatz zeigen macht das Album sehr abwechslungsreich und stimmig.

Fazit

Vom ersten hören an spürt man Emotion und Leidenschaft in jedem Song. Das Album hält viele Überraschungen bereit. Hervorzuheben sind hier der Gesang von Bassistin Sophie im Track “Taking back the living room” und insgesamt die Variation von Dans Stimme. Besonders die härteren, raueren Parts sind im Kontext einzigartig. Musikalisch wie textlich ein exzellenter Einblick in ein “Fizzy Brain”

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Ertrunken

Das schummerige Licht aus den alten, mit Stoff überzogenen Lampen tauchten das in die Jahre gekommene Holz unter ihnen in einen warmen, verblassenden Gelbton. Die Finger und Handballen unzähliger Menschen hatten ihre Spuren hinterlassen und das ehemals gerade Stück Buchenholz am Rand mit tiefen Furchen überzogen. Der Rauch mehrere Jahrzehnte hing in der Luft und ließ dicke Schwaden langsam durch die praktisch stehende Luft ziehen. Unter dem schwachen Licht der mit Staub bedeckten Lampen saßen vereinzelt Menschen und schwadronierten über Situationen, Schicksalsschläge und andere Menschen.

Sie redeten vor sich hin und merkten nicht das ihnen niemand zuhörte. Es war ihnen aber auch nicht wichtig. Sie wiederholten ihre Geschichten jeden Abend. Für die immer gleichen Zuhörer – sich selbst. Mussten sich selbst reden hören. Immer und immer wieder. Wie ein Mantra. Wie eine Rechtfertigung. Wie eine Kapitulation vor der Situation. Vor der Tatsache nicht nein sagen zu können. Als Angst vor dem Eingeständnis das der Fehler bei ihnen und nicht den anderen lag.

Die Angst brachte sie Abend für Abend an die gleiche Ecke. Anstelle nach Hause zu gehen oder das was mal zuhause war, wurde die Einsamkeit der eigenen vier Wände gegen Anonymität getauscht und Eingeständnisse gegen verklärte Erinnerungen. Träume waren mal auf Bierdeckel gepinselt worden und verblassten im Laufe der Abende mit jedem Glas ein Stück mehr. Bis sie nicht mehr waren und vergessen wurden. Was blieb waren die von Feuchtigkeit aufgequollenen Bierdeckel und einsame rote Nasen unter staubigen Lampen auf der Suche nach längst verblassten Träumen auf den Böden der kalkigen Gläser.

Der Verlust von Familie, Freunden und Leben wurde durch jede neue Runden etwas mehr aufgeweicht und wie der Schaum im Bart irgendwann einfach weggewischt. Sie sahen ihre durch krude Gedanken verklärte Welt auf eine ganz eigene Art als normal an. Wärme kam nicht länger durch andere Menschen sondern durch das Brennen im Magen und der Verlust von Leben manifestierte sich in den gläsernen Zeptern die sie bis spät in die Nacht fest in der Hand hielten.

Die Angst vor dem Eingeständnis der eigenen Fehlbarkeit hatten dazu geführt, dass sie ihre Träume und ihr Leben schon vor langer Zeit ertränkt hatten. Nur hatte sie der Tod in ihrer Einsamkeit einfach übersehen.

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[Interview] Torsun: Raven wegen Deutschland – Hörbuch

Egotronic-Mastermind Torsun hat ein Buch geschrieben. Raven wegen Deutschland heißt das gute Stück und handelt von der Produktion des wegweisenden Albums Lustprinzip und dem was davon abgelenkt hat. Am 23. Oktober erscheint auf unser aller Lieblings-Label Audiolith, vier Jahre nach Release, die Hörbuchfassung. Aus diesem Grund haben wir Torsun mal ein bisschen ausgefragt.

 

Hey Torsun, schön dass du dir etwas Zeit für uns nimmst! Zuallererst, wie geht’s dir? Wie liefen die ersten Konzerte der Tour?

Die ersten beiden Shows der Tour waren super. So darf es den Rest der Reise gerne weitergehen.

Nun also ein Hörbuch!? Wie kam es dazu, vier Jahre nach Release der Printausgabe dieses Medium auf den Markt zu schmeißen?

Bock darauf hatte ich eigentlich von Anfang an, alleine es fehlte an Zeit. Im Sommer 2014 fand ich die endlich und nochmal über ein Jahr später ist es jetzt endlich soweit.

Gibt es irgendwelche Unterschiede zwischen Hörbuch- und Printfassung oder warst du auch nach vier Jahren immer noch zufrieden mit deinem Werk?

Auf dem Hörbuch ist nur mein Teil des Buchs zu hören. Der „Sachbuchteil“ der gedruckten Fassung wurde ausgespart. So funktioniert es mehr wie eine Geschichte, die man schön hören kann.

Vor einem Mikro im Studio kennst du dich ja nach all den Jahren ganz gut aus, aber wie war es diesmal vorzulesen, anstatt Musik für eine Platte zu machen?

Ich war überrascht, wie sehr man sich doch dabei konzentrieren muss. Das ganze hat dadurch länger gedauert, als ich vorher gedacht hätte.

Du hast ja sicherlich schon viel erlebt mit der Band und allem Drum und Dran. Warum hast du dich gerade für diesen kurzen Zeitraum entschieden, als es darum ging ein Buch zu schreiben? Wie kamen die ganzen Exzesse eigentlich zu Papier? Hast du direkt ein paar Sachen aufgeschrieben, so tagebuchmäßig oder warst du von dieser Phase einfach so geflasht, dass du alles noch auf dem Schirm hattest?

Diese Phase ergab einfach eine runde Geschichte mit happy End. Außerdem stand am Ende des Zeitraums ein massiver Bruch in meinem Leben. Ich hatte plötzlich einen Job. Hahaha

Jetzt mal Butter bei die Fische; Hast du mal hier mal da etwas im Sinne der literarischen Freiheit übertrieben oder wart ihr wirklich so krass drauf?

Das ist alles wahr, aber mal im ernst: In dieser Stadt leben 1000de die ähnliche Erfahrungen gemacht haben dürften. Von daher find ich das gar nicht so krass jetzt.

Die Handlung des (Hör-)buchs spielt 2007. Zu dieser Zeit hast du dich ziemlich auf Minimal Techno abgefeiert. Der Sound von Egotronic hat sich über die Jahre stark gewandelt. Dein Feier-Musikgeschmack ebenfalls?

Ja. Mittlerweile gehe ich lieber auf ein schönes Konzert, als ständig von Techno-Club zu Techno-Club zu tingeln.

Im Hörbuch gibst du zu, dass du während dieser Lebensphase ausnahmsweise nicht so viel mit Politik am Hut hattest. Das hat sich schnell wieder geändert. Wer, wenn nicht du kann uns daher helfen bei der Frage: Was machen wir mit den ganzen „Besorgten“, Rassisten und anderen Spinnern, die sich an jeder Ecke versammeln und ihren Mist verzapfen?

Man wird diesen Spinnern über kurz oder lang nur mit massiver Repression, sprich Gewalt, beikommen können. Die Leute müssen Angst vor den Konsequenzen haben, die ihr Handeln mit sich bringt. Wenn man sich die Geschichte anguckt, waren Nazis nie anders als mit Gewalt zu stoppen, sei es nun Nazideutschland oder der NSU.

Kannst du ein bisschen von deiner neuen Kampagne „Plus 1 – Refugees Welcome“ erzählen?

Das ist nicht meine Kampagne, sondern wir sind eine ganze Menge Leute, die das Ding ins Leben gerufen haben. Das Konzept funktioniert so, dass wir viele Clubs in Berlin dafür gewinnen konnten, dass ab jetzt jeder Besucher der auf der Gästeliste steht, mindestens ein Euro abdrücken muss. Wir sammeln das Geld dann ein und verteilen es an Projekte, die Flüchtlinge unterstützen, als da wären derzeit: Moabit Hilft, Flüchtlingsrat Berlin und Sea Watch.

Zum Abschluss noch eine Frage, die sicher viele Fans interessiert. Was passiert in der angekündigten Konzertpause? Lesereise? Neue Platte? Andere Projekte? Und, kann man in Zukunft wieder mit einer so krassen Soundwandlung wie beim letzten Album rechnen?

Ich schreibe an einem Roman und mache derzeit soviel Musik wie schon lange nicht mehr. Es wird also irgendwann ein neues Album geben. Wann das kommt, kann ich aber noch nicht sagen. Es steht lediglich fest, dass 2016 kein großes Egotronic-Jahr wird, zumal es seit 2003 nur ein einziges Jahr gab, in dem ich keine Tour spielte. Es wird deshalb mal wieder Zeit.

Vielen Dank für das Interview! Kannst du uns als letztes noch sagen, was bei dir privat derzeit auf den Plattentellern läuft? Mach’s gut und auf bald!

Zwar nicht auf dem Plattenteller aber die meiner Meinung nach besten Songs der letzten Woche waren „Gute Menschen“ von OK Kid und „Fick-Dich-Allee“ von Grossstadtgeflüster.

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Drei

Den schwarzen Hut hatte er tief ins Gesicht gezogen. Nicht nur wegen des Regens, sondern auch damit niemand sein Gesicht sehen konnte – zwischen den kleinen heckenhohen Steinen die seinen Weg säumten. Er ging meistens im Regen hier her. Die Wahrscheinlichkeit alleine zu sein war größer wenn selbst das Wetter so trostlos war wie seine Gedanken. In seinen Händen hatte er immer die gleichen Dinge. Eine Kerze und einen Plastikumschlag. In diesem Umschlag war ein kleiner Notizzettel verpackt, auf dem er Wünsche und Träume niederschrieb um diese in den kleinen Rhododendron auf dem 3,5m² Beet zu hängen. Seine Medizin für sie. Sollte sie sie jemals nochmal brauchen.

Vermutlich aber schrieb er diese kleinen Zettel mittlerweile mehr für sich als für sie. Diese Heilungswunder aus drei bis sechs Wörtern. Jeder einzelne ein Eiland der Rettung. Erst hatte er sie nur zu Hause in eine Kiste gesteckt. Wollte sie ihr irgendwann als Wunschkiste schenken. Aber der kalte Winter vorletztes Jahr hatte ihm einen Strich durch seine Rechnung gemacht. Hatte ihre Reifen blockieren und sie daraufhin gehen lassen. Hatte seinen Boden durchlöchert und ihn dazu gezwungen von Insel zu Insel zu springen.

Kurz nachdem sie gegangen war, waren die Sprünge praktisch nicht zu bewältigen. Meist hatte er sich von den Wellen der Depression mitreißen und dahin treiben lassen. Hatte nirgendwo ankommen, sondern einfach nur leblos rumliegen und vegetieren wollen. Sein Leben durch maximale Entschleunigung maximal zu beschleunigen, um sie so schneller wiederzusehen. Nur selten drangen positiven Gedanken durch und schafften es, dass er zumindest ein paar Worte zu Papier brachte. Sie wurden für ihn wie ein Apothekerrezept. Immer wenn er eins ausstellte, wusste er er würde seine Medikamente brauchen. Jene Medikamente die nur sie hatte herstellen können.

Mittlerweile waren Jahre ins Land gezogen. Jahre in denen er seine Wunden probierte hatte vernarben zu lassen. Aber er konnte nicht. Immer wieder ertappte er sich dabei wie er den Schorf, der mühsam die klaffenden Risse überzog, versuchte abzukratzen. Wie der Fluss erst langsam und dann immer schneller aus ihm heraus pulsierte. Wie er merkte das ihm immer wieder schwindelig wurde. Wie er drohte umzufallen. Sich hinsetzen und nach Luft schnappen musste -weil er das Gefühl hatte sonst zu sterben. Seine Medikamente hatte er immer griffbereit. Konnte sich noch nicht davon trennen. Immer wenn er es wollte kamen die Attacken.

Es waren die Momente in denen er die Tür hinter sich zu warf. Ein Geruch seine Nase streifte. Er das rhythmische Prasseln des Regens wahrnahm. Die kleinen Situationen. Das Alltägliche. Die Situationen die nur zu zweit eine solche Bedeutung bekommen, das sie über eine Anekdote hinausgehen. Die Erinnerungen die mit der Wucht eines 40 Tonners durch den Kopf hämmern und auf dem Weg zur Kur den Wagen von der Straße fegen. Die kleinen Neutronensterne besiedeln und ihre Religion der Depression in jede Region des Gehirn tragen. Die Erinnerungen die Medikamente gegen die Wunden erforderten. Die Wunden die dann wieder aufplatzen. Die Medikamente die er noch nicht absetzten kann.

Sein Ketamin. Ihre Bilder. Sein Pflaster. Ihre Briefe. Sein Aspirin. Ihre Musik.

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