He don’t want the world

Die schwarzen Striche vor seinen Augen bestätigten was in seinen Gedanken schon lange Realität war. Die Zeit verging zu schnell. Sieben, acht, neun Monate. Er konnte es selbst nicht mehr genau sagen wie lange es nun wirklich her war. Die Zeit jedoch in der die Tage einzigartig waren, war schon länger her als die letzte Jahreszeit.

Partys, Cocktails, Bier und tschechische Billigzigaretten hatten seine wenigen Stunden die er pro Tag in einer Art Wachkoma verbrachte in ein gleichmäßiges, schummriges Dunkelgrau gezeichnet. Zwischenmenschliche Interaktion beschränkte sich auf die Dame an der Supermarktkasse, den Pizzaboten und den Kioskbesitzer. Alle anderen Kontakte pflegte er schon lange nicht mehr. Keiner verstand ihn. Seine Freunde hatten damals noch hin und wieder angerufen und gefragt wie es ihm geht und ihn probiert aufzubauen. Heute riefen auch sie nicht mehr an.

Der einzige konstante Begleiter war sein alter Walkman. Die Kassetten die er hörte hatte er in mühseliger Arbeit übertragen. Jedes der Lieder auf den fünf Kassetten die er immer bei sich trug, war über Wochen hin weg ausgesucht worden und spendeten ihm immer wieder diese kleinen drei Minuten Wunder und Freiheiten von denen die Toten Hosen sooft redeten. In diesen Minuten konnte er kurzzeitig die Depressionen, die Zigaretten im Aschenbecher und auch die zittrige, aufgerissene Hand vergessen die schon wieder nach der halb vollen Doppelkornflasche griff.

Als die Strahlen der Herbstsonne zum letzten Mal an diesem Tag probierten den grauen Schleier vor seinen Lidern zu durchbrechen, überkam ihn eine Gänsehaut und wie elektrisiert hob er seine zittrige Hand. Mit einer Wucht die er sich selbst schon lange nicht mehr zutraute, schmetterte er die halb volle Flasche gegen die Wand, stand auf und ging in sein Schlafzimmer. Seine Pillendose stand dort auf dem Nachttisch. Während er sich aufs Bett legte, umspielte seine Lippen zum ersten Mal seit Ewigkeiten ein kleines süffisantes Grinsen.  Würde man ihn vermissen. Er wusste es nicht. Aber er hatte auch nie die Welt gewollt. Sie ihn scheinbar auch nicht.

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Die Brücke

Nach dem Abbrennen der Kerzen verfiel das kühle Zimmer in Dunkelheit. Ihre dumpfen Schritte glitten über das Pakett, mit einem Ruck schloss sich hinter ihr die hölzerne Wohnungstür. Ein frischer Abendwind wehte ihr durchs strubbelige Haar. Die schwere Jacke wurde zugemacht, der Kragen an den Hals gepresst. Die selbstgedrehte Zigarette glimmte auf und der Rauch beruhigte ihre Sinne. Vorbei an den Lichtern der Fenster hinein in die Schwärze der Nacht. Scheinwerferlicht begleitete ihre Silouette, Sekunde für Sekunde wanderte ihr Schatten einen Schritt voraus, während die offenen Schnürsenkel immer und immer wieder in die dunklen, verdreckten Pfützen eintauchten.

Das Rascheln der Laubbäume verstimmte je näher sie dem Ende der pechschwarzen Allee kam. Als sie langsam auf der Brücke ankam, nahmen die Motorengeräusche zu. Die stark befahrene Brücke glich einer Spielweise für weiße und rote Lichter, die in der Dunkelheit der Nacht verschnörkelte Lichtspiele in die Luft prohezierten. Sie suchte sich die mittigste Stelle des gewaltigen Stahlmonsters und schnippste den angekokelten Filter herunter. Langsam umfasste sie die von Rost zerfressenen Geländer, die noch frischen Wunden an den Armen ziepten dabei leicht. Die Geländer fühlten sich rau und kalt an. Unter ihr erstreckte sich das monströse Loch einer undefinierbaren Tiefe in der Dunkelheit. Langsam ließen ihre Finger das Eisen los. Ihre Füße stellten sich auf den untersten Geländerrand, welcher rutschig und morsch wirkte. Sie atmete tief und langsam die frische Brise des anhaltenden Windes ein. Der seltsam ruhige Körper neigte sich langsam nach vorne und ihre Brust wurde gegen die Stahlpfosten gedrängt. Sie schloss die Augen, atmete langsam ein und hielt minutenlang inne.

War dies der Weg wie alles enden sollte? War sie gleich eine von vielen, die den Weg von der Brücke nie zurück geschafft hatten? Ihr Leben war ihr nie wichtig. Es war alles andere als schön. Doch immer und immer wieder rappelte sie sich erneut auf und besiegte ihren schwachen Verstand. Wollte sie zu den anderen auf dem Grund der Dunkelheit dazugehören? Was trieb sie nur hierher? Tränen kullerten ihre zerkratzten Wangen herunter. Das pechschwarze Haar kämte sie mit ihren Finger zurück. Ihre Pupillen fixierten die Sterne, um nicht noch mehr Tränen zu vergießen. Sie war dafür nicht bereit. Ihr Herz wollte leben. Sie wollte leben. Sie wollte immer Kinder haben, sie groß ziehen und ihnen beim Spielen vom Fenster aus winken.

Langsam krallte sie sich wieder am kalten Eisen fest. Ihre Lippen schmeckten salzig. Mit ihrem Ärmel wischte sie sich ihr Gesicht sauber. Vorsichtig trat sie von der unteren Geländehalterung herunter und hatte wieder festen Boden aus Stein unter sich. Die Lichter der Autos verformten sich wieder zu langen Schweifen und glitten durch die Dunkelheit der Nacht. Zum ersten Mal seit langer Zeit bekam sie ein Lächeln zustande. Sie wollte leben, einfach nur leben und nicht mehr feige handeln. Sie wollte ein neues Leben beginnen, so richtig bei Null anfangen. All diese Gedanken lösten bei Ihr pure Glückshormone aus. Sie wollte leben, sie wollte laufen. Einen Schritt vor den anderen und schon lief sie bis ans Brückenende herunter, weg vom Ort der Traurigkeit und des Todes. Freudestränen kullerten ihre Wangen entlang und verpufften in ihrem Windschatten.

Völlig energisch und voll von Lebensfreude rannte sie über die Straße. Plötzlich blieb sie wie angewurzelt stehen, als sich das grelle und laute Licht schlagartig näherte. Und dann wurde es dunkel.

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Von Steinen und Hölzern

Obwohl ich mich auf dich konzentrieren wollte, schweiften meine Gedanken immer und immer wieder ab. Ich erfreute mich an dem wunderbaren, perfekt geschnittenen, du würdest ihn vermutlich einen englischen nennen, Rasen und war gleichzeitig davon fasziniert, dass man Muster in einen Rasen mähen konnte. Ich mein Fußballfelder sehen von oben schon cool aus. Wie ein Schachbrett… Ein Niesreiz brachte mich zurück zu uns auf den Rasen, zwischen die ganzen Steine und das viele Holz um uns herum. Das Holz schien dich verschluckt zu haben. Vor wenigen Minuten noch hatte ich dich direkt vor mir gesehen und jetzt warst du scheinbar hinter der Eiche nur ein paar Meter vor mir verschwunden und nicht mehr in meinem Blickfeld.

Die Geräusche der Umgebung wurden wieder leiser und mein Kopf begann von neuem damit abzuschweifen… Wieso eigentlich hatten wir noch nie miteinander Fußball gespielt? Ich mein wir “kennen” uns jetzt praktisch mein ganzes Leben und soweit ich mich erinnere haben wir nie auch nur eine Runde zusammen auf dem Bolzplatz verbracht. Das war inakzeptabel. Ich fügte meiner inneren TODO Liste einen weiteren Punkt hinzu und setzte das Fälligkeitsdatum auf spätestens in 100 Jahren. Schon wieder ein Niesreiz. Dieser gepaart mit dem Gedanken an eine 100 ließen mich zurück in das hier und jetzt kommen. Ich dachte, dass du es dir endlich mal gemütlich gemacht hättest und hinter der Eiche auftauchen würdest. Aber du warst immer noch verschwunden. Wie langsam sich manche Leute bewegen konnten war mir schleierhaft, aber du warst ja auch stadtbekannt für deine unmenschliche Faulheit. Alles koordiniertest du, nichts wurde selbst gemacht.

Selbst jetzt, wo dich scheinbar keiner in meiner Umgebung hören oder sehen konnte, koordiniertest du sie alle. Alle taten was du von ihnen verlangtest. Früher hast du auch immer probiert zu koordinieren. Wobei kommandieren das wohl bessere Adjektiv wäre, zumindest laut Mama. Wenn sie von dir redet. Jedoch hat das Kommandieren damals von einem Tag auf den anderen aufgehört. Seitdem habe ich, trotz der Streits und der Ungerechtigkeit davor, darauf gewartet, dass du nach dem die Tür hinter dir zuschlug irgendwann wieder kommen würdest. Aber das Einzige was mir blieb war das Holz der Tür. Stundenlang habe ich davor gesessen, die Maserungen gezählt und probiert nachzuzeichnen. Ich konnte sie mir immer wieder ansehen. Täglich. Das plötzliche Verschwinden der Eiche im Erdboden vor mir brachte mich zurück in die Realität. Dem Holz der Tür würde nun bald ein Stein folgen.

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Am Ende war es still…

Wie jeden Morgen sitzt er einsam und verlassen an seinem Schreibtisch, genießt das fröhliche und wohltuende Zwitschern der Vögel, trinkt seinen milchigen Kaffee, bevor er sich Blatt und Stift nimmt und zu schreiben beginnt. Anfangs schrieb und schrieb er ohne auch nur einmal daran zu denken den Stift kurzzeitig beiseite zu legen. Es waren pulsierende Ströme, die blitzschnell von seinem Herzen durch Venen und Hand in seine schriftlichen Bewegungen flossen. Er konnte Seite für Seite vollschreiben, denn seinem Reichtum an Gefühlen war keinen Grenzen gesetzt.

Wenn sie wie jeden Morgen in ihrer Küche sitzt und sich einen beruhigenden Tee kocht, dann denkt sie über ihr Leben und vergangene Momente nach. Dabei fällt es ihr schwer sich an die positiven und glücklichen, längst verdrängten Gefühle zu erinnern. Eine kalte und sich sträubende Leere wandert durch ihren Körper und durch ihr Herz, welches sie vor langer Zeit verschlossen hatte und seitdem niemand mehr darin einen Platz gefunden hat. Es waren die Briefe, …

… die er schreib, welche ihm jeden Tag aufs neue Hoffnung gaben. Seit dem damaligen Tag vor vielen Monaten gab es keinen Tag, an dem der Postkasten seiner Herzdame leer war. Anfangs war er kreativ und leidenschaftlich, zog alle Kräfte aus seinem Herzen, schrieb die schönsten und romantischsten Texte und Gedichte und gab nie die Hoffnung auf, dass sie sich eines Tages wieder bei ihm melden würde. Doch all die ignorierten Briefe machten ihn schwach im Herzen. Mittlerweile fällt es ihm schwer ganze drei Sätze niederzuschreiben. Es waren die Briefe, …

… die Tag für Tag unversehrt und unbeantwortet in ihren Kamin flogen und zu Asche zerfielen. Anfangs las sie jeden einzelnen. Dabei prallten seine Liebesbotschaften wie harte Steine an ihrer Haut ab. Nichts davon wollte sie wissen. Kälte beherscht sie. Kälte und die Verdängung von Gefühlen und Emotionen. Der Wandspiegel kann mittlerweile ihr aufgesetztes Lächeln nicht mehr sehen. Jedem ihrer Freunde erzählte sie wie glücklich sie doch sei und wie schön das Leben ist. Doch am heutigen Tag, …

… ist er kraftlos. Sein gebrochenes Herz hängt wie ein schwerer Fels in seiner Brust. Der Stift kratzt über das Pergament und nach ungefähr einer Viertelstunde legt er ihn zur Seite. Wie jeden Tag greift er in seine Schublade, zieht einen leeren Umschlag hinaus und adressiert diesen mit der Anschrift seiner Liebsten. Doch dieses Mal landet die Botschaft nicht im Postkasten. Er klebt den Umschlag zu und steckt ihn sich in seine Brusttasche. Als dann wie jeden Morgen …

… der Postmann klingelt und ihr die heutige Post überreicht sucht sie verbittert zwischen all den Prospekten und Rechnungen seinen täglichen Brief. Er war nicht da. Die Fesseln ihres Herzens zersprangen mit einem lauten Knall, glühend heiße Hitze strömte durch ihren Körper und pumpte durch ihre geweiteten Adern. Ein weiterer Knall und die Teetasse zerspringt am Boden vor ihren Füßen. Die Fesseln waren gesprengt. Sie spürte zum ersten Mal wieder Gefühle, Tränen schossen in ihre Augen und die Lippen wurden staubtrocken. Sie spürte, dass etwas nicht in Ordnung sei und machte sich zum ersten Mal Sorgen.

Doch zu dem Zeitpunkt war es bereits zu spät.

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Guten Morgen, Braunschweig!

Als sich die schwere Eingangstür mit den letzten herausströmenden Beats öffnet, blenden mich die ersten hellen Sonnenstrahlen des neu angebrochenen Tages. Glänzend weißes Licht gleitet durch meine Finger und lässt meine Augen zu Schlitzen formen. Mein Kopf dröhnt, meine Beine gleichen einer übergroßen Weingummischlange. Das Hemd wird zugeknöpft, der Nikotinrauch aus dem Sakko geklopft und mit hektischen Bewegungen aus dem übrig gebliebendem Haarwachs eine halbwegs gutaussehende Frisur gezwirbelt. Ein Blick nach rechts und ein Blick nach links – Vertautes Terrain.

Ab geht’s die Straße entlang – Vorbei an tüchtigen Flaschensammlern und kotzenden Jugendlichen, vorbei an flackernden Blaulichtern, aufgemotzten Spinnerkarren und streitenden Paaren, die sich gegenseitig mit Schimpfwörtern vollgestopfte Duden an den Kopf schmeißen. Im ZickZack laufe ich zwischen den leeren Glasflaschen und den Flecken nicht identifizierbarer Substanzen entlang. Meine Augen brennen, meine Gehirnzellen feiern, jedoch ohne mich überhaupt eingeladen zu haben. Ein besoffener Clown bietet mir einen Schluck aus seinem Tankstellen-Tetrapackwein an – Ich lehne dankend ab, denn der warme und göttlich duftende Dönerbudengeruch betäubt meine Sinne. Mich zieht es samt Socken aus den Schuhen und ich schwebe wie ein Vogel direkt auf den überdimensionalen Dönerspieß zu. Der Freund am anderen Ende der Theke klatscht nach meinen Wünschen das gesamte Brot voll. Ein prächtiger Speichelfluss lässt sich in aller letzter Sekunde verhindern. Ich zahle 50 Cent zu viel und begründe mit den Worten „weil heute dein Glückstag ist!“. Beim Verlassen des Tempels meiner morgendlichen Retter hinterlasse ich wie einst Hänsel und Gretel eine wegweisende Spur aus Zwiebeln und Kraut. 2 Minuten Inhalieren und mein Gesicht gleicht einem Saustall.

„Schüss, schön’amd noch!“ (Achtung Insider!) hallt es durch meine Ohrmuschel, als ich mit einem Klingeln den Kiosk meines Vertrauens verlasse. Mittlerweile ist es taghell und die ersten arbeitskräftigen Muggel setzen sich in Bewegung. Sonntags! Trottel! .. Ein Schluck aus der Bierflasche – Scheiße, es schmeckt immer noch wie das erste Bier des Abends – Tierisch gut! Erst meine Beine, dann folgt im Gleichschritt mein Oberkörper. Wie der Anführer der Dorftrottel latschen meine Füße Richtung Heimat, dicht gefolgt von einem Schweif einer Geruchsmischung aus Schweiß, Alkohol und kaltem Rauch. Das Display meines Handies feiert eine fette Rauschparty, bekannte Buchstaben verformen sich zu antiken Hyroglyphen. Verpasste Anrufe lassen sich nicht mehr identifizieren, die aktuelle Uhrzeit schon gar nicht. Kurz nach vorne geschaut – Falsch abgebogen – Wo bin ich? Es dauert eine Ewigkeit, bis ich den gelb gepflasterten Pfad nach Oz finde.

Nachdem nun mein gesamter Schlüsselbund im Schloss steckte und ich es mir allmählich auf meiner Fußmatte bequem machen wollte, springt beim allerletzten Versuch die Tür endlich auf. Wie schon in der Dönerbude pflastere ich mit meinen Klamotten einen Weg durch den Flur ins Schlafzimmer, wo ich mich mit einem durchaus sehenswerten Bauchklatscher ins Land der Träume begebe.

Der nächste Tag beginnt – Morgens um 14.30 Uhr. Schmerzen. Ich sterbe. Schmerzen. Mein Oberkörper kommt nicht hoch. Leiden. Schmerzen… Die Bettdecke hängt über meinem Nachttisch, Kissen liegen verstreut im Zimmer herum. Ich folge dem mir unbekannten Weg aus Klamotten ins Badezimmer. Spieglein, Spieglein an der Wand – Man siehst du scheiße aus! Ein Blick in die Küche – Chaos. Das Klirren mehrerer leerer Bierflaschen lässt meinen Schädel fast zum Platzen bringen. Die Zahnräder meines Hirns rotieren wie verrückt, als ich versuche die umherliegenden Puzzleteile zu einem halbwegs sinnvollen Bild zusammenzustecken – Keine Chance. Dreizehn verpasste Anrufe und sechs unbeantwortete SMS, dazu eine Eigennotiz, dessen Sinn ich bis heute suche. Und dann kommt der berühmte Spruch, den wir uns selber schon so oft sagen hören haben: „Scheiße man! Ich trinke keinen Alkohol mehr …“

„ … bis nächsten Freitag.“

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Sekunden einer Ewigkeit

Ich sitze auf dem Boden. Keine 3 Jahre alt – Bin nicht gut im Schätzen. Meine Augen funkeln wie übergroße Smaragde, als ich die rote Schleife meines Geschenks löse und mich ein gebrauchter, alter Teddy anstarrt. Trotz des fehlenden Auges und der am Rücken aufgeplatzten Nähte war er das schönste Geschenk von allen. Meine Mutter weint vor Glück, mein Vater begutachtet den leeren Boden seiner Schnapsflasche. Die Tür geht auf und da steht Sie – Meine Jugendliebe. Ihr rötliches Haar ist zu einem langen Zopf gebunden, ihre Sommersprossen tanzen im Schein der Sonne und ihr Lächeln lässt mich nur so dahin schmelzen. Ich nehme ihre Hand, gehe mit ihr gemeinsam durch die Tür und stehe in der Küche. Mein Vater sitzt am Tisch, das Gesicht in den Händen vergraben, meine Mutter liegt auf dem Fußboden. Ihre Haut ist so weiß wie die Fliesen, auf denen sie sich befindet.

Der Lärm von Kirchenglocken lässt fast meinen Schädel zum Platzen bringen. Die Schmerzen in meinem Kopf lassen mich taumeln. Rückwärts falle ich durch den Flur und lande auf einem Stuhl. Meine Lehrerin beugt sich zu mir runter. Ihr großer Leberfleck neben der Nase wird größer und größer. Sie blickt mich hinter ihrer schmalen Brille an. Meine Wange brennt wie Feuer, die anderen Kinder lachen über meinen roten Händeabdruck in meinem Gesicht. Mir kommen die Tränen und ich stürze durch die Klassenzimmertür direkt ins Haus meiner Eltern. Der Gürtel meines Vaters schellt in der Stille der Nacht. In meiner Haut bilden sich tiefe, blutige Risse – Die Schmerzen sind unerträglich. Doch ich kann entkommen, fliehe durch seine Beine und sehe meine Freunde, die mir freudestrahlend zuwinken. Ich laufe direkt in ihre Arme, sie jubeln, trinken, feiern und ich schließe mich Ihnen an.

Ich weiß nicht wie, aber plötzlich stehe ich sturzbetrunken vor meinem Studentenzimmer. Ich öffne die Tür – Und da steht Sie. Meine Jugendliebe. Ihr rötliches Haar hat nun ein paar kleine Locken. Sie sieht in ihrem weißen Kleid wie ein wunderschöner Schneeengel aus. „Ja ich will!“ sagt sie mit lauter Stimme – Wir küssen uns und ich schließe die Augen. Das Kreischen eines Säuglings hallt durch den Raum und ich öffne sie wieder. Dieses kleine, zarte Wesen liegt in meinen Armen und nuckelt an meinem Daumen. Mir kommen die Tränen. Es ist der schönste Tag meines Lebens.

Ich lasse Frau und Kind zurück, gehe durch die Tür in mein Büro. Mein Chef spuckt Feuer und Galle, haut mehrmals mit seinen Fäusten auf meinen Schreibtisch, sodass Bilder und Aktenordner wackeln. Die Kündigung fliegt folgend durch den Briefkastenspalt meines Hauses direkt in meine Arme. Ich setze die Flasche an, der brennende Alkohol betäubt meine inneren Organe.

Ich sitze auf dem Sofa, meine Frau brüllt mir etwas an den Kopf, meine Tochter steht zitternd dahinter und weint. Ihr sonst so schön glänzendes rötliches Haar ist zerzaust und klebt an ihren Wangen, ihr rechtes Auge ist blau, ihre Nase blutrot. Das Quietschen der Reifen hört man auch noch in der Ferne.

Stille. Grelles weißes Licht. Der Film ist vorbei, das letzte Kapitel ist zu Ende. Sein Kopf rast mit einem donnernden Knall in den Nacken, ehe er mit einem dumpfen Geräusch auf dem Tisch aufschlägt. Raucht steigt aus der Mundhöhle empor, das Holz färbt sich rot, der Revolver gleitet aus seinen Fingern.

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